In jedem Krieg sind es die Zivilisten, die den höchsten Preis zahlen. Hunger, Kälte, Gewalt und Flucht sind nur einige der zahllosen grausamen Erlebnisse, die Menschen in Kriegsgebieten durchleben müssen. Die psychischen Folgen sind gravierend. Auch in Deutschland haben viele Menschen Krieg erlebt.
Viele Senioren sind während des II. Weltkrieges und der Nachkriegszeit aufgewachsen. Der Wiederaufbau war erfolgreich – die seelischen Verletzungen aber blieben. Oftmals unverarbeitet, schlummern Traumata, wie der fachliche Ausdruck von schweren, seelischen Verletzungen heißt, mitunter jahrelang in den Menschen. Die Psyche sucht Wege, damit zurechtzukommen, das Überleben zu sichern, und spaltet dabei zum Teil sogar Erinnerungen komplett ab
Folge von Traumatisierungen ist, dass Betroffene sich mit einer Vielzahl an Symptomen herumschlagen müssen, die eindeutig dem Trauma zuordenbar oder auch sehr diffus sein können. Oft kann ein Mensch sich nicht einmal bewusst an das Erlebte erinnern – dennoch reagiert er auf bestimmte Reize, sogenannte Trigger, mit bestimmten Verhaltensweisen, mit denen seine Psyche ihm das Überleben sichern möchte.
Symptome eines unverarbeiteten Traumas – und einer damit oftmals einhergehenden Posttraumatischen Störung – können sein:
- Ein- und Durchschlafstörungen, Überregung, Schreckhaftigkeit
- Wut, Ärger, Reizbarkeit, Ungeduld, Unruhe
- Misstrauen, Scham- und Schuldgefühle, verminderter Selbstwert
- Vermeidungsverhalten, emotionale Taubheit (‘Numbing’), sozialer Rückzug
- Depressionen, negatives Denken
- körperliche Beschwerden (z. B. Schmerzen)
- Flashbacks (gedankliches Wiedererleben), Albträume
In der aktuellen Situation sind ältere Menschen damit konfrontiert, dass Erlebtes sich wiederholt – in Europa, kaum zwei Flugstunden von Deutschland entfernt. Tagtäglich gibt es neue Nachrichten über Angriffe auf Städte, zerstörte Wohnungen, Flüchtende. Das kann überfordernd sein und Kriegstraumata reaktivieren, weil das Gehirn Verknüpfungen zwischen den aktuellen Bildern und Erinnerungen herstellt und damit verbundene Gefühle und Gedanken an die Oberfläche holt.
Es ist demnach wichtig, für sich selbst zu sorgen. Dazu zählt zunächst einmal Selbstberuhigung: Machen Sie sich klar, dass die Angst, die durch die Geschehnisse ausgelöst wird, verständlich ist und besinnen Sie sich darauf, was Sie bereits alles durchgestanden haben. Um die Angst zu besänftigen, hilft auch das Einnehmen einer Außenposition: Schauen Sie von außen auf Ihre Gefühle. Ist die Lage wirklich so gefährlich, wie Ihre Gefühle Ihnen sagen?
Ebenfalls kann helfen, darüber mit anderen zu sprechen. Das erleichtert die Seele und hilft ebenfalls dabei, die Lage neu zu bewerten – Verständnis und andere Sichtweisen zeigen unter Umständen auf, dass Sie sicher sind – selbst dann, wenn die Angst Ihnen etwas anderes weismachen möchte. Weitere Tipps zum Umgang mit belastenden Gefühlen finden Sie in den folgenden Tipps.
Unsere Tipps bei psychischen Belastungen
Hören Sie auf Ihren Körper
Die aktuellen Nachrichten können Geist und Psyche überfordern. Sollten Sie merken, dass es Ihnen nicht gut geht, dann schalten Sie TV und Radio aus. Es ist okay, eine Pause von den Nachrichten einzulegen. Ihre Psyche kann sich so erholen.
Tun Sie, was Ihnen gut tut
Jeder Mensch benötigt in angespannten Situationen etwas anderes. Ob dies Abstand zur Außenwelt oder Ablenkung von den Nachrichten ist, ist dabei sehr individuell. Achten Sie darauf, was sich für Sie gut anfühlt – dabei gibt es kein richtig oder falsch. Wichtig ist, sich jeden Tag einen Zeitslot einzurichten, in dem Sie etwas für sich persönlich tun.
Feste Strukturen
Bei psychischen Problemen wie Depressionen und Traumata wird von psychotherapeutischen Fachleuten dazu geraten, sich feste Tagespläne zu machen und diese zu verfolgen. Erstellen Sie eine Liste mit allen Dingen, die täglich erledigt werden müssen und sortieren Sie sie so, dass zwischen unliebsamen Aufgaben auch angenehme Dinge liegen. Die Strukturierung hilft der Psyche, stabil zu bleiben.
Ihre Gefühle sind in Ordnung
Die Reaktionen auf schlimme Ereignisse und davon ausgelöste Erinnerungen sind sehr verschieden. Manche Menschen empfinden aufgrund der Hilflosigkeit Wut, manche fühlen sich traurig und wieder andere sind erleichtert, sich hier in Sicherheit zu wissen. Überfordernde Situationen können eine riesige Bandbreite an Gefühlen auslösen – und jedes einzelne davon ist okay.
Suchen Sie sich Hilfe
Sollten Sie Krieg miterlebt haben und nun Erinnerungen oder negativen Gefühlen wie Trauer oder Ärger ausgesetzt sein, konsultieren Sie bitte Ihren Hausarzt. Er kann Ihnen dabei helfen, psychologische Betreuung und therapeutische Unterstützung zu erhalten, um stabilisiert zu werden und die Gefühle verarbeiten zu können.